Die gute alte Eisenbahn, in vielen ländlichen Gegenden ein
Auslaufmodell, hat sich im Harz zum Touristenmagneten gemausert. Sie
prägt die Urlaubsregion Harz heute mehr denn je. Stellt man sich die
Frage nach dem Warum? – bleibt zum einen als Antwort die Verklärung
der Vergangenheit, die so genannte gute alte Zeit, die Menschen aus
aller Welt in ihren Bann zieht und zum anderen die Techniknostalgie.
Die klassische Harzer Schmalspur-Dampflokomotive zählt heute zu den
ältesten erhaltenen Rudimenten der Industriegeschichte, ein Relikt
der beginnenden Mobilitätsära. Sie tut nach wie vor ihre Arbeit, Tag
für Tag, Jahr für Jahr, seit fast hundert Jahren.
Die Harzer Schmalspurbahn besteht aus drei Streckenabschnitten:
Selketalbahn, Harzquerbahn und Brockenbahn. Die beiden Letzteren
haben ihren Ausgangsbahnhof in Wernigerode, von wo aus sie den Harz
Richtung Nordhausen queren oder den Brocken erklimmen. Dieser
schmucke, historische Bahnhof liegt nur wenige hundert Meter von der
historischen Altstadt der Bunten Stadt am Harz entfernt. Und dort,
wo die dampfenden Ungetüme betankt werden, das heißt, wo sie mit
Wasser als Kraftquelle und Kohle als Energielieferant versorgt
werden, liegt gegenüber das Hotel Altora mit dem „Restaurant 1835“.
Das kleine, schmucke Hotel besteht aus zwei restaurierten
Fachwerkhäusern, die durch einen modernen Eingangsbereich verbunden
sind. Bezugnehmend auf die unmittelbare Nähe zur Harzbahn und der
Liebe des Bauherrn zu dieser, ist ein wunderschönes
Eisenbahn-Themenhotel entstanden.
Der „Speisewagon“ (Restaurant 1835), der öffentlich ist, bietet
eine breite Sichtfront direkt auf die zu betankenden
Dampflokomotiven. Er ist gemütlich eingerichtet, und mit vielen
nostalgischen Eisenbahndetails ausgestattet. Theke, Tresen und
Empfang sind dort „Fahrkartenausgabe“, „Gepäckstation“ und
„Expressausgabe“ und der Gast bekommt auf Wunsch sein Getränk im
offenen Wagon einer Spur 0 - Modellbahn bis an den Tisch gefahren.
Bei einer „Roten Schaffnermütze“ (Tomatencremesuppe), einem
„Brockenexpress“ (Wildrahmsuppe) oder einer „Flotten Eisenbahnhexe“
(Hochzeitssuppe) lässt sich das Menü gut an. Dann folgt z.B. eine „Heisgelaufene
Achse“, „Vom Streckenläufer aufgesammeltes“ oder „Oberamtmanns
Gaumenfreude“. Was sich dahinter verbirgt, wird nicht verraten. Da
müssen sie schon selbst in den Speisewagon einsteigen und den
„Schaffner“ fragen.
Der Einfallsreichtum des Küchenchefs ist außergewöhnlich und da auch
die Qualität stimmt, fühlt sich der „Fahrgast“ rundum wohl und kann
beim Schlemmen in Seelenruhe das Geschehen gegenüber beobachten. Wie
zu alten Zeiten werden dort die Dampfloks bekohlt, Lösche gezogen,
abgeschmiert, gereinigt, mit Sand oder Wasser befüllt. Damit die
körpereigenen Verbrennungsvorgänge angeregt werden, kredenzt das
Zugbegleitpersonal noch ein „Heißdampföl“ oder ein „Abschlämmwasser“
und die Welt ist schön.
Natürlich ist das Hotel bzw. das Restaurant auch eine erste Adresse
für Familienfeiern oder Vereins- und Betriebsausflüge, denn sie
können sicher sein, im Altora wird Service und Freundlichkeit noch
groß geschrieben – so wie in der guten alten Dampflokzeit eben.
Bernd Sternal
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Meine persönliche Menüempfehlung:
Brockenexpress
Oberamtmanns Gaumenfreude
Abschlämmwasser
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